Ich hoffe, du hast einen gemütlichen Sonntag. Das Wetter passt dann ja doch besser zum Februar als letztes Wochenende. Ich habe heute über Memes geschrieben, weil sie während der Corona-Krise das sind, was mich mental zusammenhält. Im Text setze ich mich damit auseinander, woher der Begriff kommt und warum sie nicht immer nur zum Lachen sind. Viel Spaß beim Lesen!
Wenn ich ein Meme geschickt bekomme, kenne ich es meistens schon. Manchmal spiele ich vor es zum ersten Mal zu sehen, weil ich meinen Freund:innen eine Freude machen will und außerdem so tue, als ob ich nicht viel zu viel in allen möglichen Ecken des Internets abhängen würde. Spätestens seit der Corona-Pandemie bin ich aber stolzer Meme-Suchti und lasse anderen gar nicht erst die Chance mememäßig zu Wort zu kommen, weil sie ähnlich wie B117 einen immer größeren Anteil meiner spärlicher werdenden Nachrichten übernehmen.
Ein großer Teil der Weltbevölkerung verbringt mehr Zeit denn je zuhause und damit auch im Internet. Memes sind im vergangen Jahr mit dem gemeinsamen Erleben eines globalen Ereignisses noch mehr zu einer Form interkultureller Kommunikation geworden - die Erfahrung von Hamsterkäufen, Lockdown und geplatzter Sommerpläne war für viele ähnlich.
Der Begriff Meme ist dabei älter als vielfach geteilte lustige Bilder im Netz. Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins erklärte mit ihm in seinem Buch The Selfish Game 1976 eine kulturelle Einheit, die sich von Mensch zu Mensch durch Imitation überträgt. Damit meint er zum Beispiel Ideen, Religionen oder Sprichwörter, welche als kulturelle Replikation die menschliche Evolution antreiben. In einem gleichnamigen Aufsatz nennt er sie sogar “Viruses of the Mind”, also Viren des Geistes.
Wobei wir schon wieder bei unserem Leben in der Pandemie wären. Internet-Memes verbreiten sich zwar anders als Coronaviren, können aber durchaus auch gefährlich werden. Memes sind ein humorvolles Mittel, gesellschaftliche und politische Phänomene zu kommentieren. Sie pointieren Inhalte und erzeugen durch Anspielungen und Codes das Gefühl eines gemeinschaftlichen Verständnisses der Welt. Dadurch sind sie ein beliebtes Kommunikationsmittel verschiedener politischer Gruppierungen. Covid 19 bietet mit seinen Auswirkungen auf fast jeden Bereich des Lebens viel Material für Memebastler:innen.
Auf Imagesboards wie 4chan mit seinem Board politically incorrect wurde zum Beispiel das Coronavirus als mädchenhafte Animefigur sexualisiert und exotisiert dargestellt und eine vorsätzliche Entwicklung des Virus in chinesischen Laboren suggeriert. Während des letzten Jahres haben sich Verschwörungsmythen so weit verbreitet, dass sie in gesellschaftlichen Diskursen vermehrt aufgegriffen werden. Memes haben zumindest dazu beigetragen. Das Recherchenetzwerk CORRECTIV hat in einer umfangreichen Datenanalyse zum Netzwerk der rechten Szene auf Instagram rund 240 Memeaccounts gefunden, die rassistische, rechtsextreme und verschwörungsmythische Inhalte teilen.
Die Comicfigur Pepe the Frog wurde im US-amerikanischen Wahlkamp 2016 zu einem beliebten Meme der Alt-Right-Bewegung, welche sie einen Hitlerbart oder die Kutte des KKK tragen ließen. Trump retweetete im Wahlkamp ein Meme von sich selbst als Pepe. Über seine Intention lässt sich mutmaßen, von Alt-Right wurde dieser Post jedoch als Zeichen des Schulterschlusses wahrgenommen. Im anstehenden Superwahljahr in Deutschland werden Memes im digitalen Wahlkampf sicherlich auch eine Rolle spielen.
Ob in den Chats mit meinen Freund:innen oder als politischer Kommentar - Memes sind eine moderne Kommunikationsform, welche die ganze Bandbreite von harmlos bis radikalisierend abdeckt. Das macht sie in jedem Fall zu Zeitzeugnissen, die verkürzt abbilden, was viele Menschen bewegt. Mit der 2008 gegründeten Plattform Know your Meme gibt es sogar schon eine Art Internetmuseum, in dem Memes und andere virale Netzphänomene gesammelt werden. Bisher wurden über 4000 Memes wie Bernie Sanders Wearing Mittens Sitting in a Chair oder Woman Yelling at a Cat offiziell in de Datenbank aufgenommen und es gibt sehr viel mehr Einreichungen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Kinder in 50 Jahren im Geschichtsunterricht ein Meme aus dem Jahr 2020 analysieren müssen. Bestimmt eines, das ich schon kenne.
Falls du meinst ein Meme zu kennen, das ich noch nicht kenne, schick mir das doch mal. Die Chancen stehen zwar schlecht, aber ich lache höflich drüber, versprochen!
Drei Memes für einen guten Wochenstart.